Während meiner Feldforschung in tibetisch-buddhistischen Nonnenklöstern hatte ich das Glück, in einem der Klöster als Laiin bei den Nonnen zu leben und von den älteren Nonnen, die sich mir gegenüber als Lehrerinnen verhielten, ins Klosterleben quasi eingebaut zu werden: Das hieß für mich, dass ich wie die jungen Noviznonnen meine Pflichten im Klosterleben hatte. Dafür bekam ich die Gelegenheit zur teilnehmenden Beobachtung und die Möglichkeit, die Nonnen zu interviewen, s. Identität im Exil. Tibetisch-Buddhistische Nonnen und das Netzwerk Sakyadhita, Reimer Verlag Berlin 2001.
In einem Gespräch über die Schutzgottheit Tibets, „Tara“, die als weiblicher Bodhisattva 1Ein Bodhisattva ist im Buddhismus jemand, der*die die eigene Erleuchtung aus Mitgefühl zu allen Lebewesen ausschlägt und im Samsara verbleibt, um die anderen Lebewesen zu lehren, damit diese die Erleuchtung erlangen. und Buddha 2Ein Buddha ist jemand, der*die Erleuchtung, genauer „das Erwachen“ aus dem Daseinskreislauf (Samsara) bereits erlangt hat. verehrt wird, erklärte eine der Lehrerinnen, dass Tara wie ein Boot sei, dass man braucht, um im Kreislauf der Wiedergeburten den Pfad zum Nirvana beschützt zu beschreiten und zum Ziel, der Erleuchtung, zu gelangen. Wenn man am Ziel, dem neuen Ufer, angelangt ist, braucht man das Boot nicht mehr. Man lässt es am Ufer, damit Andere das Boot nutzen können.
1998, Ölfarbe auf Leinwand, 30×24,5 cm